Normalerweise finden wir am Anfang eines Projekts einen leeren Raum vor, den wir funktional und gestalterisch mit Leben füllen, indem wir einen geeigneten Grundriss und ein überzeugendes Raumkonzept finden. Im Falle der HobenKöök-Halle war der Raum schon voller Leben – vergangen, aber deutlich spürbar. Dieses Leben wollten wir bewahren und mit modernen Ideen bereichern.
Manchmal vergisst man heute, welch riesige Bedeutung der Hafen früher für Hamburg hatte. Hier fanden nicht nur viele Ausreisewillige ihren Weg in die Neue Welt, sondern der Hafen beschäftigte auch massenhaft Menschen im arbeitsintensiven Stückguttransport. Für diesen war der Oberhafen eine wichtige Drehscheibe, denn in unmittelbarer Nähe befand sich lange Zeit einer der wichtigsten Güterbahnhöfe der Stadt, der Hannoversche Bahnhof. Von dort führten die Gleisanlagen direkt zum Oberhafen, wo wiederum die Flusskähne der Obst- und Gemüsebauern aus den Vier- und Marschlanden anlegten. Sie konnten über die Bille direkt in den Oberhafen schippern und dort ihre Waren entweder auf die Schiene oder direkt zum großen Deichtormarkt bringen.
Der Großmarkt mit den charakteristischen Deichtorhallen wurde 1911 eröffnet und entwickelte sich schnell zu einem wichtigen Obst-, Gemüse- und Blumenmarkt. Auf dem historischen Foto kann man sehen, dass der Markt in der 30er-Jahren das ganze Dreieck zwischen Elbe, Bahnanlagen und Kontorhausviertel einnahm. In den 60er-Jahren wurde das Marktgeschehen auf das heutige Großmarktareal in der Banksstraße verlagert.
Der Handel mit frischem Obst und Gemüse hat also eine lange Tradition im Oberhafen, auch wenn die Waren heute nicht mehr mit dem Flusskahn geliefert werden. Deshalb war es ein Glücksfall, dass die HobenKöök an diesem geschichtsträchtigen Ort eine geeignete Fläche fand. Das Thema für die Innenraumgestaltung ergab sich damit fast von selbst: Aus dem Altbewährten etwas Neues erschaffen.
Den alten Gedanken der Regionalität und der kurzen Wege hat die HobenKöök aufgenommen, einfach weil er Zukunft hat. Man kennt die Produzenten aus dem Umland gut und weiß, dass sie sorgfältig und nachhaltig wirtschaften. Die vermeintliche Einschränkung ist der Speisekarte nicht anzumerken – die Köche entlocken den regionalen Gemüsesorten so viele Aromen, dass das Fehlen exotischer Zutaten überhaupt nicht auffällt.
Diese Rückbesinnung auf grundsätzliche Qualitäten und das innovative Denken der drei Inhaber sollten auch im Innenraum der HobenKöök zu spüren sein. Wir haben deshalb eine sehr einfache, universelle Formensprache gewählt: Obstkisten aus Holzbrettern und Industriemöbel aus Stahl und Holz waren unsere Vorbilder.
Durch die Verwendung dieser Bildsprache konnten wir erreichen, dass eine ganze Bandbreite von Ausstattungsstücken – von den antiken Werkstattlampen bis zur neuen, glänzenden Edelstahlküche – sich ins Gesamtbild einfügen, denn sie sind alle nach ähnlichen funktionalen Grundsätzen gestaltet. Deshalb stören weder die dicken Lüftungskanäle noch die monumentale Ablufthaube den industriellen Charme der alten Halle.
Das Unterfangen, die Geschichte des Ortes, der beteiligten Menschen und ihrer Begeisterung für frische Produkte mit Architektur zu erzählen, ist nur gelungen, weil wir in der Planung so intensiv mit Thomas, Neele und Frank zusammenarbeiten konnten. Gemeinsam haben wir den schmalen Pfad zwischen 'zu beliebig' und 'zu heimelig' gesucht und gefunden. Zuweilen war für diese Entscheidungen eine besondere Vorbereitung nötig, wie bei unserem 'Stühlecasting'.
Außer den Sitzbänken und den alten Schulstühlen sollten auch bequeme sesselartige Stühle verwendet werden, für die mehrere Produkte unterschiedlicher Hersteller in Frage kamen. Da für eine gute Entscheidung viele Aspekte zu berücksichtigen waren, haben wir einfache Renderings für jede Variante erstellt und Informationen zu Kosten und Nachhaltigkeit zusammengetragen.
Den Gewinner der Auswahl haben wir in unser Materialrendering übernommen und beim Hersteller als Musterstuhl geordert, um als letztes Kriterium eine Material- und Sitzprobe durchzuführen. Ein unkonventioneller Ansatz, der ein gutes Ergebnis geliefert und nebenbei auch noch Spaß gemacht hat.